Abschlussrede
2018
Als
Schulleiter der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck
begrüße ich sie alle herzlich zur diesjährigen Feier
unseres Abschlussjahrgangs 10. Alle Menschen, die in unserem
vollbesetzten Theater sitzen haben einen Grund gemeinsam zu feiern.
Ich begrüße also große Teile des Kollegiums der EGG
sowie Schülerinnen und Schüler unseres fünfzehnten
Abschlussjahrgangs in der Sekundarstufe I mit ihren Familien und mit
ihren Freunden – Herzlich willkommen!
Vor
nicht ganz 6 Jahren habt ihr schon einmal mit euren Eltern in diesem
Theater gesessen. 150 Jungs und Mädels mit bunten Tornistern und
Rücksäcken, die unseren fünfzehnten Eingangsjahrgang
bildeten und die am liebsten schreiend und lärmend umher liefen
und für die Zehntklässler fast genauso alt waren, wie die
eigenen Eltern.
Damals
ging es für euch schnell in die Klassen und nur eure Eltern
durften noch einigen Informationen lauschen, wie z.B. denen zum
Freien Lernen an der EGG. Heute müsst auch ihr hier verharren
bis euch die Zeugnisse übergeben werden.
Meine
Abschlussreden stehen seit nunmehr fünf Jahren unter einem
Schwerpunktthema. Dafür bietet das Jahr 2018 zahlreiche
Ankerpunkte:
1618 Beginn
des 30jährigen Krieges
1818
Karl Marx wird geboren
1958 Schalke
04 wird zum letzten Mal Deutscher Meister
Ich
habe mich aber als Ansatzpunkt für das Jahr 1918 entschieden.
Vor 100 Jahren ging der Erste Weltkrieg zu Ende – aber keine
Sorge, es wird in meiner Rede nicht blutig und nationalistisch - ich
nähere mich meinem Schwerpunkt humoristisch. Am Ende des Ersten
Weltkrieges gab es auch die letzten Aktivitäten des sogenannten
„roten Baron“ – des Freiherrn Manfred von
Richthofen einem deutschen Jagdflieger im Ersten Weltkrieg. Er galt
als Fliegerass mit der höchsten Anzahl von Luftsiegen (80 sind
bestätigt). Er flog immer in einem rotgestrichenen Flugzeug. Da
es den Titel Freiherr im englischen nicht gibt, erhielt er von dort
ausgehend den Titel Baron. Der rote Baron kämpfte so für
die Deutschen gegen die Sopwith Camels der britischen Armee.
Dieses
Fliegerass ist so wichtig für die deutsche Luftwaffe, dass die
fliegenden Verbände in der bundesdeutschen Armee auch heute noch
jährlich den Red Barons Cup ausspielen. Für mich persönlich
spielte die Person des Roten Baron – und die Kenner der Materie
konnten das bereits dem Eingangscomic entnehmen - aber immer nur eine
Rolle im Rahmen der Peanuts. Erstmals taucht hier der „rote
Baron“ in dem Comicstrip vom 10.10. 1965 auf.
Strip
1 mit Snoopy als: „Der rote Baron“
Gezeichnet
wurden diese Comics von Charles M. Schulz (25.11. 1922 geboren und
12.2.2000 verstorben). Als Schüler übersprang er zwar
einerseits zwei Klassen, kam aber in der Endphase seiner
Highschoolzeit – so wie er es nennt - „ins Trudeln“.
Hieraus ergibt sich vermutlich auch seine zeichnerische Nähe zu
Charlie Brown in dem er sein eigenes jugendliches Scheitern
verarbeitet. Seine Biografin, Rheta Grimsley Johnson, betont, dass
sein komisches Genie auf emotionale Traumata aus der Jugendzeit, auf
seine mangelnde Beliebtheit und sein schmächtiges, pickeliges
Erscheinungsbild zurückzuführen ist.
Die
Serie Peanuts beginnt am 2. 10. 1950. Ein unbekannter Junge
kommentiert Charlie Browns Auftreten und Abgang mit den Worten: „Sie
mal, da kommt der gute alte Charlie Brown“ (1).
„Tatsächlich…Der gute, alte Charlie Brown“
(2). „Der gute, alte Charlie Brown… (3). „Wie ich
ihn hasse!“ (Schlussbild)
damit sind die Weichen gestellt: Diese Kinderwelt ist nicht heil und
sie wird mit jedem Neuzugang immer heilloser.
Seither
zeichnete Schulz wochentags unabänderlich 4 gleich breite und
gleich hohe Packs, die uns bekannten Peanuts-Comicstrips, die sich
immer wieder einmal mit dem Thema Schule beschäftigen.
Strip
2 mit Charlie Brown und Sally: „Ich hasse die Schule“
Strip
3 mit Charlie Brown und Sally: „ Schule fängt an“
Das
ist als wiederkehrendes Thema logisch, weil die Peanuts ausnahmslos
in einer erwachsenenfreien Lebenswelt bebildert sind. Natürlich
drehen sich die Comicstrips nicht nur um das Thema Schule, denn das
wisst ihr ja vermutlich bereits selbst: Diese macht nur einen Teil
des jugendlichen Lebens aus und dient eher dazu sich regelmäßig
mit Freundinnen und Freunden an einem festgelegten Ort zu treffen,
oder? Ich würde es bei einer Beurteilung dieses Comic eher
philosophisch sehen: „Peanuts lesen ist eine Einübung in
die Kunst zu verlieren, ohne zu resignieren“. Sichtbar wird das
beispielsweise an den beiden folgenden Strips.
Strip
4 mit Charlie Brown und Linus: „Probleme“
Strip
5 mit Linus und Lucy: „Nächste Generation“
Übrigens
kann man natürlich auch mit einem künstlerischen Talent
sein Leben fristen und ihr müsst euch hier nicht an Charles M.
Schulz orientieren, der in der letzten Dekade seines Lebens zu den 10
bestverdienenden Entertainern der USA gehörte und mit dessen
Comics Generationen von Lesern groß geworden sind (doch dazu
mehr in 2021!). Deshalb betone ich: Verliert eure Ziele nicht aus den
Augen und geht euren Weg bei den Dingen, die euch wirklich wichtig
sind.
In solch einem eher
ganzheitlichen Sinne hoffe ich, dass euch die letzten Jahre an der
EGG qualifiziert haben, auch für euer weiteres berufliches oder
schulisches Leben. Um die Zukunft meistern zu können, muss man
eine Fähigkeit besonders ausgeprägt gelernt haben, nämlich
die das ganze Leben lang zu lernen. Dazu gehört auch die
Fähigkeit mit anderen zusammen zu arbeiten. Hinzu kommen eine
positive Einstellung zum Lernen und zum Leben, die Bereitschaft
Risiken einzugehen und Fehler nicht als etwas Schlimmes, sondern als
Hilfe zu betrachten.
Wenn
uns das mit dem Lernen und der Bildung in der EGG auch nur
ansatzweise gelungen ist, dann können wir alle stolz sein auf
unsere gemeinsame Zeit. Wobei an der EGG mindestens gleichwertig
neben dieser unterrichtlichen Dimension unseres schulischen Lebens
auch andere Formen des individuellen und gemeinsamen Lernens stehen,
ob dies Sponsorenläufe, Sport- oder Schulfeste, Projektwochen,
Klassenexkursionen und jährliche Klassenfahrten, Gottesdienste
und Andachten oder Bläserklassenunterricht, Musikkonzerte,
freiwillig gewählte Arbeitsgemeinschaften oder aufgesuchte
Mittagsangebote sind oder einfach nur die Vielzahl an Gesprächen
mit Mitschülern, Lehrern oder anderen Menschen aus dem
Schulleben der EGG, denen ihr euch mitteilen konntet.
Unabhängig davon, ob sich
unsere Wege nun trennen oder noch einige Tage (die religiöse
Schulwoche beginnt für unsere 88 zukünftigen
Oberstufenschüler am Montag) und Jahre weiter gehen werden,
wünsche ich euch, dass eure Zeit an der EGG irgendwann
rückblickend zu den guten Zeiten eures Lebens gehören mag
und dass ihr weitere gute Zeiten folgen mögen. Ihr habt diese
Schule mit Leben gefüllt, euer Geist und eure Fröhlichkeit
haben sie mit geprägt. Ich sage im Namen der EGG: Herzlichen
Dank !
Bei
Ihnen, liebe Eltern, bedanke ich mich für das geschenkte
Vertrauen, für kritische Fragen, ermutigende Rückmeldungen
und für alle Unterstützung in den letzten 6 Schuljahren
ihrer Kinder.
Euch,
liebe Kolleginnen und Kollegen – und damit sind insbesondere
die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer der letzten zwei/vier oder
gar sechs Schuljahre gemeint – danke ich für das
andauernde Engagement, den Langmut und die Freundlichkeit mit der ihr
eure Schülerinnen und Schüler in den letzten Jahren und
Tagen begleitet habt.
Natürlich
spielen an diesem Tag auch Zeugnisse und Noten eine Rolle ein Thema
welches ebenfalls in den Peanuts verarbeitet wird und ich hoffe es
ergeht euch nicht so wie diesen Protagonisten:
Strip
6 mit Linus und Lucy: „Eine 1 auf dem Zeugnis“
Strip
7 mit Charlie Brown: „Schule und Noten“
Ich
möchte deswegen zum Ende meiner Rede hin stellvertretend für
alle hier Sitzenden fünf Schülerinnen (ja tatsächlich
alles Mädchen!) nach vorne bitten, die jeweils in ihrem eigenen
Abschluss das beste Zeugnis der Jahrgangsstufe 10 erzielt haben und
denen ich als Widmung in das Buchpräsent geschrieben habe:
„Herzlichen
Glückwunsch zum besten Zeugnis im Abschlussjahr 2018. Ich
wünsche dir viel Erfolg und Gottes Segen auf deinem weiteren
Weg.“ Volker Franken
Lena
Abbas
Marie
Dallmann
Monja
Gietmann
Elona
Jonson und Vivian Proft
Verabschieden
möchte ich euch nicht ohne das womit eine Unterrichtsstunde
(oder hier eine Rede) gerne endet, nämlich einer Hausaufgabe für
all diejenigen, die drei weitere Jahre an der EGG schultern wollen.
Und hierbei handelt es sich nicht um einen Wochenplan, sondern um ein
Dreijahresprojekt, denn dann werde ich darauf zurückkommen. Ich
habe bis zu meiner Abiturrede 2021 zwei Fragen an euch (natürlich
nach Anforderungsniveaus getrennt) und diese sind so ausgewählt,
dass sie nicht einfach zu googeln sind:
Welchen
Beruf hat Charly Browns Vater?
Von
welchem Maler stammt das Gemälde in Snoopys Hundehütte und
wie kommt es dazu, dass es zerstört wird?
Die
EGG verabschiedet sich nun in Dankbarkeit und Respekt von ihren
Schülerinnen und Schülern und deren Eltern, von denen uns
wie wir wissen auch viele für weitere Jahre erhalten bleiben.
Genießt diesen Tag. Es ist im Leben nicht oft so, dass man an
einem lange angestrebten Ziel angekommen ist. Herzlichen Dank!